Gedanken zu einem Verlust

 

"Auch noch Verlieren ist unser; und selbst das Vergessen

hat noch Gestalt in dem bleibenden Reich der Verwandlung.

Losgelassenes kreist; und sind wir auch selten die Mitte

einem der Kreise: sie ziehn um uns die heile Figur."

     Rainer Maria Rilke

 

Vor über 20 Jahren begegnete mir dieses Haus am See, mitten im Wald, das erste Mal. Als ich im Haus auf der Terrasse stand und auf den See blickte, spürte ich es sofort: ein unglaublicher, wundervoller Ort. Ich konnte es fühlen und war ergriffen.

Mir ging es nicht alleine so, auch viele meiner Kollegen waren sofort begeistert. Und schon legten wir los. Böden, Dielen, Türen wurden geschliffen. Wände und Holzverkleidungen wurden von Ölfarbe befreit und erstrahlten nun im neuen alten Glanz. Vom Keller bis zum Dach fingen wir an dieses Haus nach unseren Vorstellungen zu gestalten. Nicht tod-sanieren, sondern behutsam, Strich für Strich, alte Spuren nicht weg machen, sondern Neuem Raum geben. Altes mit Neuem verbinden. Alte Möbel mit neuen kombinieren. Bedürfnisse spüren und immer versuchen sie im Einklang mit diesem verwunschenen Ort zu bringen.

So viele Menschen haben dieses Haus liebevoll begleitet und ihm Gutes getan. Es hat uns und unseren Gästen ein unglaubliches Wohlbefinden gegeben. Viele Menschen haben es sofort gespürt und sind bis heute mit diesem Ort tief verbunden.

Und nun, nach dieser verhängnisvollen Nacht, in der unser geliebtes Haus abbrannte, nehmen wir traurigen Abschied. Jeder auf seine Weise. Am Anfang war es unfassbar, unbegreiflich und tat einfach so weh. Ein kleines Lebenswerk, ein Herzensprojekt in 6 Stunden vernichtet. Nach 6 Monaten immer noch unfassbar. Manchmal weine ich, wenn ich hinfahre. Beim letzten kleinen Weg duch den Wald fühle ich noch frohe Erwartung von dem wie es einmal war und dann sehe ich es! Durch die kahlen Winterbäume zuerst das Dach mit seiner großen Wunde, offen und eingefallen. Es bricht mir das Herz und ich muss einfach nur weinen. Ich wusste bis dahin nicht, dass man auch einen Ort so lieben kann und es tut mir unendlich leid.

Jetzt ist es leergeräumt und schwere Holzbalken sind in jeden Raum in die Böden gerammt und stützen das Haus. Einsturzgefahr, verheerende Folgen von Feuer und Wasser. Das Haus hat jetzt ein Stützkorsett. Manchmal gehe ich durch die Räume und merke wie ich Wände, Treppengeländer und Türen berühre und habe das Gefühl nicht weg gehen zu können, auch wenn mir der Anblick so weh tut. Es käme mir vor, wie einen Verletzten im Stich zu lassen. Wir fegen die Hundert Jahre alten Holztreppen in der Hoffnung, dass sie das Schlimmste überstehen werden und um ihnen etwas Würde zurück zu geben und uns etwas Mut und Hoffnung, dass doch nochmal alles „Gut“ wird. Der Not standhalten, so schnell wollen wir nicht aufgeben.

Es ist ein Abschied von dem, wie es war, von dem was wir vor 20 Jahren begonnen haben. Hochzeiten, die schönsten Tage im Leben haben wir hier für viele Menschen kreiert. Viele, viele Tagungen, Geburtstage, Feiern aller Art. Wir haben so viele tolle, liebenswerte Menschen kennengelernt, die auch diesen Ort und das Haus ins Herz geschlossen haben.

Ich möchte an dieser Stelle auch noch einmal all unseren treuen Gästen und Freunden des Hauses danken, von denen so viele liebe Briefe, Emails, Anrufe kamen, die ihre Betroffenheit und ihr Mitgefühl zum Ausdruck brachten. Auch wenn ich in den ersten Momenten nicht in der Lage war, diese zu beantworten und darauf zu reagieren, von Herzen vielen Dank dafür! Es bedeutet uns unglaublich viel. Dieser Ort wird immer verbunden sein, mit den Menschen, die ihn lieben.

Jetzt ist unser Haus eingerüstet und es braucht erst einmal ein Dach über dem Kopf und dann werden wir sehen wie es weiter geht mit unserem Haus Tornow am See und diesem so verwunschenen Ort.

Wenn Sie/Ihr möchtet, schreibt gerne eure Gedanken.

 

Im Namen der Menschen unseres Unternehmens,

Andrea Kiesinger